Der ehemalige Stuttgarter Teamarzt Winfried Laschner erzählt, wie es einige VfB-Fußballprofis ohne sein Wissen nach Freiburg zog. Dort machte der Sportarzt Armin Klümper mit radikalen Kuren die Sportler wieder fit.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Aus der Alltagsmedizin hat sich Winfried Laschner weitgehend zurückgezogen. So wohnt der 77-jährige einstige Mannschaftsarzt des VfB Stuttgart auf einem der Hügel der Stadt am Frauenkopf – nur noch donnerstags tritt der Orthopäde in einer Gemeinschaftspraxis im Talkessel an den OP-Tisch. Der Fußball hat für ihn längst an Spannung eingebüßt. Seit seinem Abschied 1984 hat Winfried Laschner kein Heimspiel des VfB mehr live im Stadion gesehen. Der Mediziner ist zwar alles andere als ein verbitterter Mensch, wohl aber ist er von seinem Club damals im Unfrieden geschieden.

 

Die große Ära des Trainers Jürgen Sundermann („Sundermann, du Wundermann!“), der Aufstieg im Sommer 1977 mit dem anschließend spektakulär erspielten vierten Platz in der ersten Liga, stolze acht Plätze vor dem FC Bayern München, das ist die Zeit, an die Winfried Laschner beim VfB gerne zurückdenkt. Neben den beiden Medizinern Stumpf senior und junior, die für Allgemeinmedizinisches verantwortlich zeichneten, ist Laschner, der Orthopäde, seinerzeit der Mann für die Verletzungen an Knien, Sehnen, Gelenken, „für Unfallchirurgisches“, wie er sagt. Der medizinische Herr im roten VfB-Haus ist Laschner damals aber längst nicht.

Einigen Profis waren Lascherts Methoden zu langwierig

Dies hat vor allem zwei Gründe: Zum einen herrscht beim VfB Stuttgart zu jener Zeit, also zwischen 1976 und 1984, noch die freie Arztwahl. Das bedeutet, die „Spieler konnten grundsätzlich die Ärzte konsultieren, die sie wollten“, sagt Laschner, damals Leitender Oberarzt an der Stuttgarter Baumann-Klinik. Dort habe er die meisten VfB-Profis behandelt. Doch einigen, erklärt Laschner, „denen haben meine Methoden offenbar zu lange gedauert. Die wurden ungeduldig, die wollten spielen.“ Also hätten sich viele der Stuttgarter Spieler „ohne mein Wissen“, so Laschner, in die Obhut des Freiburger Mediziners Armin Klümper begeben, was der VfB um den Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder tolerierte. Heute lassen sich VfB-Profis ebenfalls bei Spezialisten behandeln, allerdings nie ohne Absprache mit der medizinischen Abteilung des Clubs.

Das war früher offenbar anders. Bei den Spielern sei die Therapie Klümpers sehr beliebt gewesen: „Sie war sehr intensiv, sehr aggressiv, zweckmäßig, also für den Athleten vorteilhaft“, erzählt Laschner: „Doch Spätfolgen oder Dauerschädigungen blieben oft außen vor.“ Der VfB-Teamarzt hat einige Male persönlich Kontakt mit dem Freiburger Spritzendoktor gehabt. Dabei habe er nie beobachtet, wie Klümper illegale Substanzen injizierte. „Ich selbst habe auch niemals Substanzen verabreicht, die damals auf der Dopingliste standen“, ergänzt Laschner.

Regelmäßige Postsendungen von Klümper aus Freiburg

Dass es zu seiner Zeit regelmäßig zu Postsendungen von Klümper an die Adresse des VfB kam, ist dem einstigen Mannschaftsarzt des Clubs hingegen bekannt. „Ich selbst habe die Päckchen aber nie geöffnet. Das war meines Wissens nach meist der Physiotherapeut François Caneri“, sagt der Arzt. Caneri wiederum bestreitet dies nicht, erklärt aber: „Ich habe mit den Spielern die Medikamente in der Apotheke eingekauft, weiß, was in den Tüten war.“ Doping habe es beim VfB dabei in keinem Fall gegeben.

Winfried Laschner hat 1984 dem Club im Groll den Rücken gekehrt. Wie es heißt, sollen einige im Verein Dinge von ihm verlangt haben, die er medizinisch nicht verantworten wollte. Eine Denkweise von vorgestern? „Ich bin überzeugt, dass der deutsche Profifußball sauber ist“, sagt der amtierende Sportdirektor Robin Dutt, „denn es wird mit einem hohen Aufwand sehr engmaschig kontrolliert.“