Vor einem Vierteljahr ist eine gigantische Flut- und Geröllwelle über Braunsbach gekommen. Nun wird Spendengeld verteilt - doch Spannungen nehmen zu.

Braunsbach - Braunsbach ist es ruhig geworden im August. „Gerade ist Sommerpause bei den Handwerkern“, sagt der Gastronom Thomas Hopf. Der Wiederaufbau in seinem Gasthaus „Zum Löwen“ stehe wie vielerorts in Braunsbach derzeit nahezu still. Auch die Kommunikation mit den Versicherungen sei wegen der Urlaubszeit zäh. „Es ist gerade die Hauptlast, zu warten, bis man das „Go“ bekommt, um wieder aufbauen zu können“, sagt er.

 

Ein Sturmtief hatte am 29. Mai über Baden-Württemberg gewütet. Braunsbach wurde von einer Geröll- und Schlammlawine zerstört. Die Bilder vom verschütteten Dorf gingen um die Welt. In den Monaten danach hat die Aufmerksamkeit langsam nachgelassen. Zuletzt machte die Aufregung über Katastrophentouristen, die ins Dorf kommen, im Juli Schlagzeilen. Bürgermeister Frank Harsch mahnt zur Besonnenheit. Dass sich Leute erkundigen, hält er für legitim. „Aber manche haben Privatgelände betreten, das war das Problem.“

Die Nerven manches Braunsbachers sind angespannt. Seit es um die Verteilung von Geld geht, kommen zusätzliche Spannungen auf, wie Harsch sagt. „Es gibt welche, die fühlen sich zu wenig unterstützt.“ Aber auch die Gemeinde könne nur eins nach dem anderen abarbeiten, wirbt er um Verständnis.

1,2 Millionen Euro Spendengeld sind in Braunsbach eingegangen und werden nun auf Antrag verteilt. „Es kann fast keiner durchs Netz fallen“, sagt Harsch. Im Mitteilungsblatt der Gemeinde seien alle Bürger über das Vorgehen informiert worden. „Wir gehen aktiv auf die Leute zu und sagen: Stell doch einen Antrag, das Geld ist ja da!“ Ein Mindestmaß an Aktivität müsse aber schon erbracht werden. „Man kann nicht nur sagen: Staat, hilf mal!“ Über die Anträge entscheidet eine Kommission aus Bürgern der Gemeinde unter Vorsitz des Altlandrates Ulrich Stückle.

Unmut gebe es insbesondere bei den Waldbesitzern, berichtet Harsch. Einige hätten das Gefühl, benachteiligt zu sein. Sie bekämen vom Land weniger Unterstützung als Landwirte. Teilweise seien Waldflächen aber komplett davongespült worden. Harsch wirkt etwas ratlos, wenn er sagt: „Aber die Natur hat es so wollen - gegen wen soll man da jetzt vorgehen?“ Dennoch wolle er den Ärger der Waldbesitzer weitergeben, sagt er. Das Landwirtschaftsministerium teilt dazu auf Anfrage mit, dass derzeit geprüft werde, ob Waldbesitzer eine Förderung nach außergewöhnlichen Schadensereignissen erhalten können.

Reisebüro zieht in einen Container um

Hoffnung auf Geld aus dem Spendentopf hat auch der Reisebürobesitzer Stefan Thaidigsmann. Fürs Erste hat er sich aber einen Container gekauft, den er vor sein noch zerstörtes Reisebüro stellen will, um im Herbst und Winter dort Buchungen für den nächsten Sommer annehmen zu können. Er setzt auf Kunden von außerhalb der Gemeinde, die bei ihm Urlaube planen. „Aus Braunsbach kommt da wahrscheinlich nicht viel, die Leute haben gerade andere Sorgen“, sagt er. „Vielleicht sagt aber auch der ein oder andere: Ich muss weg.“

An Urlaub ist im Rathaus auch drei Monate nach der Katastrophe kaum zu denken. Harsch hat seine freien Tage wie viele andere Braunsbacher gestrichen. Die Verwaltungsmitarbeiter suchen derzeit Fördermöglichkeiten für den Wiederaufbau. Schäden in Höhe von 100 Millionen Euro hat die Gemeinde nach eigenen Berechnungen an der öffentlichen Infrastruktur zu beheben. Das soll in erster Linie mit Zuschüssen aus regulären Förderprogrammen erfolgen. Für die Eigenanteile, die die Gemeinde bezahlen muss, hat das Land ein Hilfspaket von 10,6 Millionen Euro geschnürt. Der Kämmerer Christoph Roll sagt: „Wie weit das reicht, muss man sehen.“