Mercedes-Produktionschef Markus Schäfer stellt die eigenen Gießereien, Schmieden und Teile des Karosseriebaus in Frage. Auch im Logistikbereich könnten Dienstleister die eigenen Mitarbeiter ersetzen. Damit soll die Autosparte profitabler werden.

Stuttgart - Der Daimler-Konzern will die Kosten in der Pkw-Fertigung deutlich senken, um profitabler zu werden. Mercedes-Produktionschef Markus Schäfer kündigte am Mittwoch in Sindelfingen ein ganzes Bündel von Maßnahmen an, die neben dem laufenden Sparprogramm dazu beitragen sollen, in der Pkw-Sparte die von Daimler-Chef Dieter Zetsche versprochene Umsatzrendite von zehn Prozent zu erreichen. Im vergangenen Jahr waren es erst 6,2 Prozent, in der ersten Hälfte des laufenden Jahres 7,5 Prozent.

 

Die laufenden Kosten sollen laut Schäfer um fünf bis sechs Prozent im Jahr gesenkt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, will der Produktionschef auch die Fertigungstiefe auf den Prüfstand stellen, also untersuchen, was der Autobauer selbst machen muss und welche Teile und Leistungen günstiger von Zulieferern bezogen werden können.

Schäfer kündigte an, dass es beispielsweise im Karosseriebau Veränderungen geben werde. „Es ist nicht der Blechwinkel, der uns von den Wettbewerbern abhebt“, sagte der Produktionschef. Auch die eigenen Gießereien und Schmieden müssten auf den Prüfstand gestellt werden. Man könne nicht die gewachsene Fertigungsstruktur für alle Zeit einfrieren.

Schäfer zeigte sich zuversichtlich, dass der Betriebsrat solche Einschnitte mittragen wird. Es gebe mit dem Betriebsrat eine neue und extrem konstruktive Zusammenarbeit, sagte der Produktionschef und spielte damit auf den Abgang von Gesamtbetriebsratschef Erich Klemm an, der zugleich Betriebsratschef in Sindelfingen war und in Rente gegangen ist. Als Beleg für die „neue vertrauensvolle Zusammenarbeit“ verwies der Produktionschef auf eine Einigung für das Werk Sindelfingen, die kurz vor der Sommerpause von Schäfer und dem neuen Sindelfinger Betriebsratschef Ergun Lümali präsentiert wurde. Das Unternehmen sicherte zu, das größte Werk bis 2020 umfassend zu erneuern und dort 1,5 Milliarden Euro zu investieren. Im Gegenzug wurden mit der Arbeitnehmerseite Kostensenkungen vereinbart, die sich über mehrere Jahre hinweg auf einen dreistelligen Millionenbetrag summieren sollen. In diesem Zusammenhang, so Schäfer, sei für die neue E-Klasse die Fertigungstiefe im Logistikbereich sowie im Karosseriebau verringert worden. Eine ähnliche Kostensenkung sei auch im Werk Bremen gelungen.

Drei Milliarden Euro für die Modernisierung der Werke

Im laufenden Jahr steckt der Stuttgarter Autokonzern insgesamt drei Milliarden Euro in die Modernisierung und den Ausbau seiner deutschen Pkw-Werke. Mehr als eine Milliarde fließt nach Sindelfingen, ebenso viel nach Untertürkheim und 750 Millionen Euro nach Bremen.

Auch wenn Daimler weniger selbst mache, müssen sich die Mitarbeiter nach Einschätzung des Produktionschefs keine Sorgen um den Arbeitsplatz machen. Weltweit beschäftigt Daimler mehr als 77 000 Mitarbeiter in der Pkw-Produktion. Beschäftigte müssten sich jedoch darauf einstellen, eine andere Aufgabe zu übernehmen. So könnte etwa ein Schweißer Mitglied eines Teams werden, das in den Mercedes-Fabriken rund um die Welt beim Anlauf neuer Modelle hilft.

In der Summe soll die für die Fertigung eines Wagens benötigte Zeit jedoch weiter verringert werden. Mercedes-Benz liegt hier hinter Audi und BMW, was jedoch auch daran liegt, dass die Stuttgarter viele Komponenten, wie etwa Getriebe, selbst machen, die von den Wettbewerbern zugekauft werden. Als Ziel für die Fertigungszeit peilt Mercedes-Benz 30 Stunden je Auto an. Einige Werke im Ausland haben dies bereits erreicht, sagte Schäfer, wobei er darauf hinwies, dass man eine Luxuslimousine wie die S-Klasse hier nur schwer mit einem Kompaktmodell wie der A-Klasse vergleichen könne.

Deutliche Kostenvorteile verspricht sich der Produktionschef auch durch ein Baukastensystem, das es ermöglicht, die gleichen Teile und Komponenten für mehrere Modelle zu verwenden. Zudem sollen die Werke stärker vereinheitlicht werden und jeweils eine Kapazität von etwa 300 000 bis 400 000 Autos im Jahr haben. Heute gibt es hier große Unterschiede. In Sindelfingen liefen 2013 insgesamt rund 400 000 Wagen vom Band, im ungarischen Kecskemet dagegen nur rund 100 000. Die Standardisierung soll Ausgaben senken, weil dann weltweit die gleichen Anlagen verwendet werden könnten. Zudem erleichtert dies einem Expertenteam beim Anlauf neuer Modelle in einem der weltweit 26 Werke zu helfen. Allein in diesem Jahr gibt es 18 Anläufe in acht Werken.