Der baden-württembergische Landtag hat die Sargpflicht aufgehoben. Auch fällt die 48-Stunden-Frist bis zur Beerdigung weg. Die Liegezeiten regeln weiterhin die Friedhofsträger.

Stuttgart - Die Änderung des Bestattungsrechts in Baden-Württemberg geht auf den Runden Tisch Islam zurück. Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hatte den muslimischen Verbänden im Mai 2012 zugesagt, mit dem Sozialministerium zu prüfen, ob die Sargpflicht gelockert oder ganz aufgehoben werden könne. Im Oktober 2012 folgte eine Expertenanhörung vor den zuständigen Parlamentsausschüssen. Danach beschlossen die vier Landtagsfraktionen, das Bestattungsrecht zu überarbeiten und einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorzulegen. Dieser wurde Ende März vom Landtag beschlossen.

 

Wegfall der Sargpflicht

Traditionelle muslimische Bestattungen sind bisher in Baden-Württemberg nicht möglich gewesen. Das ist auch ein Grund, weshalb die große Mehrheit der ersten Zuwanderergeneration nach dem Tod noch immer in die Herkunftsländer überführt wird. Dennoch entstanden in den vergangenen Jahren islamische Gräberfelder. Bei den Bestattungen behalf man sich mit Kompromissen. Grundsätzlich müssen muslimische Grabfelder Richtung Mekka ausgerichtet sein. Der mit Tüchern verhüllte Verstorbene wird aus dem Transportsarg genommen und im Grab mit der rechten Seite in Richtung Mekka gelegt. Mit Hilfe von schräg eingelassenen Brettern ist im Grab eine kleine Kammer eingerichtet, so dass die Erde nicht direkt auf den Leichnam fällt. Für das 2012 eröffnete islamische Bestattungsfeld in Meßkirch wurde ein Spezialsarg entwickelt, der sich an der Seite öffnen lässt. Im Grab wird das Seitenteil abgenommen und der Verstorbene nach Mekka ausgerichtet. Nach dem neuen Recht ist der Sarg nicht mehr obligatorisch, allerdings müssen für den Verzicht religiöse Gründe vorgebracht werden. In der Gesetzesbegründung heißt es, vom Friedhofsträger sollten konsequenterweise Einrichtungen für die islamischen Bestattungsriten wie das Waschen der Leiche vorgehalten werden.

Keine 48-Stunden-Frist

Das alte Bestattungsrecht verlangte, dass Verstorbene frühestens 48 Stunden nach Eintritt des Todes bestattet werden durften. Historisch liegt das in den Unzuverlässigkeiten der Leichenschau begründet sowie in der Furcht, Scheintote zu vergraben. Diese Befürchtungen, so heißt es in der Gesetzesbegründung, seien inzwischen hinfällig, „weil durch die verbindliche ärztliche Leichenschau ein Scheintod zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann“. Ob Verstorbene künftig innerhalb von 24 Stunden bestattet werden können – islamischer und jüdischer Tradition gemäß –, ist nicht gesichert. An Wochenenden und Feiertagen sind die Standesämter geschlossen, mitunter müssen die notwendigen Dokumente erst übersetzt werden.

Keine „ewige Ruhe“

Das neue Gesetz enthält keine konkreten Regelungen zur „ewigen Ruhe“, wie sie zur islamischen wie auch zur jüdischen Tradition gehört. Der Gesetzgeber weist aber daraufhin, dass die Friedhofsträger bereits nach geltendem Recht die in der Friedhofssatzung festgelegten Fristen verlängern oder ein Recht auf Anschlussverlängerung einräumen können. Mit Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts kann eine islamische Religionsgemeinschaft Friedhofsträger werden.