Schnitzeljagd mit Kreidepfeilen war früher: Wir haben ein Schatzsucher-Pärchen auf seiner Expedition 2.0 durch Stuttgart begleitet.

Stuttgart - Der Regen prasselt gegen das Dach der U-Bahnhaltestation Hofen. Fédéric Karg und Kim Luft haben keinen Schirm. Unterstellen können sie sich nicht. Sie müssen zum Infokasten, der nicht überdacht ist. Frédéric hält sein schwarzes Smartphone vor die Glasscheibe und scannt den Code dahinter ein. Auf seinem Display erscheint ein Link.  Als er diesen mit dem Zeigefinger antippt, öffnet sich auf dem Bildschirm ein Fenster mit einer Frage und drei möglichen Antworten. Er liest die Frage laut vor und sagt achzelzuckend: "Puh, das weiß ich nicht. Um das beantworten zu können, müssten wir da hoch laufen, aber bei dem Regen..." Kim hat sich mittlerweile untergestellt und verschränkt die Arme.

 

"Ha, so schwer isch des aber ned. Die Frag' kann ich euch glei' beantworten", mischt sich ein Rentner ein und stellt sein Fahrrad ab. Lächelnd verrät er die Antwort, die Frédéric in sein Smartphone tippt, wärend Kim mit einem grünen Kuli den Buchstaben auf ein Blatt Papier notiert. "Die nächste Station ist Kursaal", sagt Frédéric und wischt das Regenwasser auf seinem Bildschirm an seiner dunklen Jeans ab. "Was isch n' des für n' neumodisches Klump?", fragt der ältere Herr Frédéric und die beiden beginnen ein Gespräch über Smarphones. "Na, da haben sich zwei Schwatzbasen gefunden", sagt Kim und verdreht die grünen Augen. Fünf Minuten später kommt die U-Bahn Richtung Bad Cannstatt an. Kim und Frédéric verabschieden sich und hasten im Regen zur Straßenbahn. Der Rentner rückt seine schwarze Mütze zurecht, schwingt sich auf sein rostiges Rad, winkt kurz und fährt quietschend vom Bahnsteig.

Zehn Stationen bis zum Lösungswort

Frédéric und Kim sind Teilnehmer der Expedition 2.0, einer Art digitale Schnitzeljagd durch Stuttgart, die sich ein Student der HdM in Zusammenarbeit mit der Stuttgarter Zeitung und der SSB ausgedacht hat. Kreidepfeile waren gestern. Diese Schnitzeljagd funktioniert mit QR-Codes. An verschiedenen Straßenbahnhaltestationen hängen die Expedition 2.0-Plakate in Inofkästen. Auf jedem Plakat ist ein QR-Code abgebildet. Dieser wird mit dem Smartphone eingescannt. Über einen Link gelangt man zu einer Frage und drei möglichen Lösungsbuchstaben. Die Frage kann man nur beantworten, indem man den angegebenen Ort aufsucht. Gibt man den Lösungsbuchstaben ein, erhält man die U-Bahnhaltestation, an der sich der nächste Code befindet. Nach zehn Stationen hat man das Lösungswort. Neben den Hauptpreisen (einem iPad und zehn iPods) kann man nach jeder Frage ein Kontaktformular ausfüllen und weitere Preise gewinnen.

In der U-Bahn tippt Frédéric in rekordverdächtiger Zeit Buchstaben und Zahlen in das Formular ein. Kim verrenkt sich derweil beim Betrachten des Straßenbahnnetzes an der Wand beinahe den Nacken. "Wir hätten uns eine Karte besorgen sollen“, sagt sie und streicht sich den blonden Pony aus der Stirn. "Schatz, welcher Buchstabe war das eben?“, fragt der 22-Jährige seine Freundin mit kratziger Stimme. Kim kramt ein Blatt Papier aus ihrer schwarzen Handtasche und wiederholt den Buchstaben. Mittlerweile verdunsten die letzten Tropfen an den Fenstern. Die U-Bahntüren öffnen sich mit einem Piepen an der Station Kursaal.  "Hier müssen wir aussteigen“, sagt Frédéric nimmt Kim an der Hand und zieht sie hektisch hinter sich her. Vor dem Plakat mit dem QR-Code bleiben sie stehen. Er greift in seine rechte Hosentasche, zieht das Smartphone aus einer schwarzen Lederhülle und scannt den Code ein. Kim späht über seine Schulter auf das Display.  "Seit er das Programm hat, scannt er einfach alles. Darum hat es mich nicht verwundert, dass er sofort Feuer und Flamme für die Aktion war“, schmunzelt sie.

"Eigentlich dachte ich, ich kenne Stuttgart"

Die 20-Jährige kommt aus dem Schwarzwald. In Stuttgart kennt sie sich gerade so aus. Frédéric kommt aus Ditzingen und ging hier zur Schule. "Eigentlich dachte ich, ich kenne Stuttgart. Aber ich war an vielen Orten der Expedition noch nie oder eine halbe Ewigkeit nicht mehr", erklärt er. "Da kann ich Kim mal etwas Anderes zeigen als das Stadion, die Königsstraße und den Fernsehturm", sagt er lachend und streicht sich über den Dreitagebart.

Nach zwei Stunden digitaler Schnitzeljagd durch Stuttgart landen die beiden an Station fünf, dem Eugensplatz. Frédéric zieht seine schwarze Sweatjacke aus, mittlerweile ist es wärmer geworden und die Sonne scheint. Ein schwarzer Labrador springt in den plätschernden Brunnen. Jetzt brauchen auch Frédéric und Kim eine Abkühlung und holen sich je ein Eis. "Gut, dass man die Expedition auf mehrere Tage verteilen kann“, sagt Frédéric, „wir müssen nämlich noch für den Urlaub packen. Aber sobald wir zurück sind, geht die Jagd weiter.", erklärt er und grinst dabei über das ganze Gesicht.

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