Die Grünen wollen ihre Niederlage bei der Bundestagswahl vergessen machen. Dazu rücken die Flügel enger zusammen. Zugleich versucht man sich als linksliberale „Partei der Freiheit“ zu profilieren.

Die Grünen wollen ihre Flügelkämpfe eindämmen und als eigenständige „Partei der Freiheit“ ab 2017 auch im Bund wieder mitregieren. Nach wochenlanger Diskussion verabschiedete der Bundesparteitag am Freitagabend in Hamburg ein Strategiepapier „Grüner Aufbruch 2017“. In dem bis kurz vor der Abstimmung strittigen „Versöhnungsantrag“ heißt es: „Wir bekräftigen den nach der Bundestagswahl eingeschlagenen Kurs und wollen weiter Fahrt aufnehmen.“

 

Vertreter des Realo-Flügels um den hessischen Fraktionschef Mathias Wagner hatten zunächst in einem Antrag gefordert, Lehren aus der verlorenen Bundestagswahl 2013 zu ziehen und sich wieder an der Mitte der Gesellschaft zu orientieren. Dies war in Teilen der Partei als Angriff auf die Grünen-Spitze gewertet worden. „Wir Grüne wollen wachsen, um unseren Veränderungsanspruch, unsere Inhalte besser durchzusetzen“, heißt es jetzt in dem gemeinsamen Antrag. „Wir sind nicht rot-grün, nicht schwarz-grün, nicht neue FDP, sondern schlicht und einfach: Grüne.“

Wagner, der als exponierter Anhänger schwarz-grüner Koalitionen gilt, kritisierte die Priorität für rot-grüne Bündnisse und forderte mehr Eigenständigkeit. „Wir hören damit auf, uns auf die SPD zu verlassen und uns an die SPD zu binden.“ Wagner nannte Ergebnisse von deutlich über zehn Prozent realistisch. „Wir können mehr“, sagte er. Die Grünen sind bisher in sieben Landesregierungen vertreten, im Bund aber nur die viertstärkste Partei.

Kretschmann: Wir müssen Unternehmern nicht dauernd beibiegen, was grün ist

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann warb vor den knapp 800 Delegierten für seinen wirtschaftsfreundlichen Kurs. Kretschmann sagte, die Grünen seien „selbstverständlich“ eine Wirtschaftspartei. Er sprach sich für eine soziale und ökologische Marktwirtschaft aus und wandte sich gegen eine Bevormundung der Unternehmen. „Wir müssen heute Unternehmern nicht dauernd beibiegen, was grün ist“. Es müsse ein ökologischer Ordnungsrahmenrahmen gesetzt werden: „In diesem Rahmen sollen sich dann Menschen wirklich frei entfalten.“ Seine an der Parteibasis umstrittene Forderung, die Grünen müssten die neue klassische Wirtschaftspartei werden, wiederholte Kretschmann nicht.

An diesem Samstag will Kretschmann sein umstrittenes Ja zum Asylkompromiss im Bundesrat verteidigen. Dies hatten Parteilinke kritisiert.

Partei trägt „Veggie Day“ zu Grabe

Parteichef Cem Özdemir räumte Startschwierigkeiten des seit einem Jahr amtierenden Führungsquartetts der Grünen ein. Das neue Team mit Co-Chefin Simone Peter sowie den Fraktionschefs Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter habe sich erst einspielen müssen. „Aber das haben wir jetzt“, sagte Özdemir.

Die Grünen debattieren auf dem dreitägigen Parteitag über eine programmatische Neuausrichtung. Damit sollen Konsequenzen aus der Schlappe bei der Bundestagswahl 2013 gezogen werden. Die Partei war damals nur auf 8,4 Prozent gekommen.

Den „Veggie Day“ - die Forderung nach einem fleischfreien Donnerstag in Kantinen - haben die Grünen unterdessen begraben. Die Delegierten billigten am Abend einen Antrag der Parteispitze, in dem auch für eine freie Essenswahl plädiert wird. Darin heißt es: „Ob jemand am Donnerstag Fleisch isst oder nicht, ist uns herzlich egal.“ Die Abkehr vom „Veggie Day“ gehört zum Versuch der Grünen, vom Image der bevormundenden Verbotspartei wegzukommen.

Die Außen- und Sicherheitspolitik soll am Sonntag debattiert werden. Mit Blick auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine forderte Özdemir die Linkspartei auf, sich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin zu distanzieren. „Ein Linker hat an der Seite von Putin und Schwulenfeinden nichts zu suchen.“