Daimler gleicht regelmäßig die Stammdaten der Mitarbeiter mit Sanktionslisten ab, um Terroristen ausfindig zu machen. Die ehemalige Bundesjustizministerin und engagierte Datenschützerin Herta Däubler-Gmelin kritisiert diese Praxis.

Stuttgart - Die Europäische Union verlangt, dass Unternehmen kein Gehalt an Terroristen zahlen dürfen, lässt aber offen, wie dies verhindert werden soll. Daimler gleicht dazu die Stammdaten der Mitarbeiter mit Sanktionslisten ab. Die Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin findet dies empörend.

 
Frau Däubler-Gmelin, Daimler prüft die Namenslisten total, BMW überhaupt nicht, weil es die Banken schon machen. Daimler sagt, es gebe zwingende Gesetze in der EU und den USA, dies zu tun. Ist Daimler nun übervorsichtig oder BMW leichtsinnig, weil der bayerische Autobauer Strafen riskiert, wenn ein Terrorist entdeckt wird?
Herta Däubler-Gmelin. Foto: dpa
Daimler prüft nicht nur Namenslisten, sondern gleicht die persönliche Daten seiner Beschäftigten ohne jeden Anlass regelmäßig mit Namen ab, die auf ausländischen Sanktionslisten und den sogenannten UN- und EU–Terrorverdachtslisten stehen. Dabei geht’s nicht um das Entdecken von Terroristen, das machen bei uns die Fachleute von Polizei und Verfassungsschutz. Es geht um die Kontrolle und das Verhindern der Finanzierung von Terrororganisationen; das ist als Ziel nicht zu kritisieren, aber die gesetzlich dazu verpflichteten Banken machen das sowieso – und viel besser als Unternehmen. Deutsche Firmen überweisen Löhne und Gehälter längst auf Konten, schon deshalb ist diese Rasterfahndung unsinnig.
Könnten datenschutzrechtliche Bedenken dadurch ausgeräumt werden, dass Daimler vor dem Datenabgleich eine Einwilligung bei den Beschäftigten einholt?
Am Schlimmsten ist, dass diese Firmen ihre Beschäftigten unter den Generalverdacht der Terrorfinanzierung stellen. Das ist empörend! Natürlich verletzt das Screening ohne Anlass Grundrechte der Beschäftigten. Und das ohne Not, weil die Unternehmen dazu nicht gesetzlich verpflichtet sind, sondern ihre wirtschaftlichen Chancen in den USA verbessern und sich in Deutschland Zollvergünstigungen verschaffen wollen. Aus Datenschutzgründen ist mindestens eine Betriebsvereinbarung nötig, die das Fehlerrisiko und die drastischen Folgen für die Beschäftigten verringert.
Die IHK Stuttgart sagt, dass der Gesetzgeber die Unternehmen allein lässt und fordert, dass klare Regeln erlassen werden sollten, wie die Suche nach Terroristen erfolgen soll. Sehen Sie hier einen Nachholbedarf?
Das ist schon deshalb falsch, weil es nicht um Suche nach Terroristen, sondern um Kontrolle und Stilllegung von Finanzströmen geht. Davon aber verstehen die Banken mehr, deren Bescheinigung im Übrigen auch ausreicht. Nachholbedarf besteht bei den Firmenleitungen, die nicht gegen die interne Dienstanweisung des Bundesfinanzministers vorgehen: Die weist die Zollbehörden an, Zollvergünstigungen nur Unternehmen zu geben, die screenen. Dagegen sollten die Firmenchefs bis nach Karlsruhe gehen. Das ist ihnen zu mühsam, da greifen sie lieber in Grundrechte ihrer Beschäftigten ein.