RB Leipzig und die TSG Hoffenheim mischen die Bundesliga auf. Sie mögen es dank der finanziellen Zuwendungen einfacher haben als andere Clubs – doch der entscheidende Unterschied ist: Sie leisten exzellente und innovative Arbeit.

Stuttgart - So sieht er also aus, der Untergang des Abendlandes, den Fußball-Traditionalisten seit Jahren heraufbeschwören: Mit begeisterndem Offensivfußball und vier Siegen hintereinander ist der Dietmar-Hopp-Club TSG 1899 Hoffenheim auf Platz vier der Bundesligatabelle gestürmt. Sogar auf Rang zwei, direkt hinter dem FC Bayern, liegt seit Sonntag der noch ungeschlagene Red-Bull-Verein RB Leipzig, der gerade erst aufgestiegen ist und dessen Powerspiel nun auch der Traditionsclub Werder Bremen wenig entgegenzusetzen hatte.

 

Zwei so genannte Retortenclubs mischen also die Liga auf, was vielen nicht gefallen mag. Doch ist dieser Aufschwung erstens kein Zufall und zweitens hochverdient.

Es ist wahr, dass es Hoffenheim und Leipzig einfacher als andere haben, in der Bundesliga zum Erfolg zu kommen. Sie werden von dem SAP-Gründer Dietmar Hopp und dem Brause-Milliardär Dietrich Mateschitz großzügig alimentiert; sie haben schlanke Strukturen und müssen sich nicht mit eigenen Fans herumschlagen, die die Geschicke am liebsten selbst lenken würden; und es gibt auch keine Alt-Internationalen, die, wenn es mal nicht läuft, öffentlich dazwischenfunken und es immer besser wissen.

Der entscheidende Unterschied zu anderen Vereinen ist aber ein anderer: die Verantwortlichen in Hoffenheim und Leipzig leisten exzellente und innovative Arbeit, die in Deutschland inzwischen stilprägend geworden ist.

Hoffenheim hat die richtigen Schlüsse aus den Irrungen und Wirrungen gezogen

In Hoffenheim haben sie die richtigen Schlüsse gezogen aus den Irrungen und Wirrungen, die nach dem Abschied von Ralf Rangnick im Jahr 2011 gefolgt waren. Ohne erkennbares Konzept hatten sie anschließend Trainer, Spieler und Manager engagiert und viele Millionen Euro verpulvert. Erst als der Abstieg immer näher rückte, besannen sie sich auf ihre Ursprünge und setzen seither wieder konsequent auf hochtalentierten Nachwuchs – nicht mehr allein auf Spielerseite.

Mit 28 Jahren wurde der völlig unbekannte Julian Nagelsmann im vergangenen Februar neuer Cheftrainer – und beweist seither, dass man kein Nationalspieler gewesen sein und keine zehn Clubs trainiert haben muss. An diesem Mut, den auch der FSV Mainz immer ausgezeichnet hat, nehmen sich inzwischen auch Traditionsclubs ein Beispiel: Werder Bremen vertraut seine Profis neuerdings dem 37 Jahre alten Nobody Alexander Nouri an; noch zwei Jahre jünger ist Hannes Wolf, der den VfB Stuttgart zurück in die Bundesliga führen soll.

Ralf Rangnick beweist einmal mehr, wie man einen Verein erfolgreich aufbaut

In Leipzig wiederum beweist Ralf Rangnick wieder einmal, dass es im deutschen Fußball wohl keinen klügeren Baumeister gibt als den Sport- und Englischlehrer aus Backnang. Von der vierten Liga führte er den Ostclub in die Bundesliga – und niemand wird ernsthaft behaupten können, dass dieser Erfolg nicht nachhaltig und allein den Millionen aus Salzburg zu verdanken ist. Die gab es auch schon vor Rangnicks Amtsantritt – doch blieb RB damals mit teuren Altstars in der Regionalliga stecken.

In Leipzig ist inzwischen das modernste Nachwuchsleistungszentrum Deutschlands entstanden, in dem der Verein künftige Nationalspieler ausbilden will. Dazu passt auch, dass Rangnick bei der Suche nach Verstärkung für die Profimannschaft früher als alle anderen damit begonnen hat, sich ausschließlich für junge Spieler bis zu einem Alter von 23 Jahren zu interessieren, die pfeilschnell sind und deren Marktwert noch deutlich steigen kann.

Gegen Bremen erzielte der 21-jährige Naby Keita zwei Tore, das erste nach grandiosem Sololauf. Zwölf Millionen hat der Mittelfeldspieler aus Guinea gekostet. Viel Geld für einen weithin unbekannten Afrikaner – doch gut möglich, dass er bald das Vielfache wert ist. „Es ist fantastisch, wenn man einen Sportdirektor hat, der einem einen solchen Kader hinstellt“, das sagte der neue RB-Trainer Ralf Hasenhüttl nach dem erneuten Sieg.

Für die Stadt Leipzig ist RB ein Geschenk, für die Bundesliga eine Bereicherung

Gleichzeitig standen gegen Bremen acht Spieler in der Startformation, die auch schon in der zweiten Liga dabei waren. Und die Arena war mit 42.000 begeisterten Zuschauern restlos ausverkauft. Ralf Rangnick hat also wieder einmal recht behalten mit dem, was er schon vor dem Aufstieg erklärt hatte: Für die Stadt Leipzig und den ganzen Osten Deutschlands ist RB ein Geschenk, für die Bundesliga eine Bereicherung.

Vor Scham müssten derweil jene Traditionsclubs erröten, nicht allein von Hoffenheim und Leipzig abgehängt worden sind. Den VfB Stuttgart haben auch die Transfereinnahmen für Gomez, Khedira und Co. in Höhe von insgesamt rund 100 Millionen Euro nicht davor bewahrt, in die zweite Liga abzusteigen. Und der offensichtlich völlig konzeptlose Hamburger SV tut auch weiterhin alles dafür, es den Stuttgartern endlich nachzumachen. Egal, wie viele Millionen der Mäzen Klaus-Michael Kühne noch in den Club pumpt – die ewige Bundesliga-Uhr im Volksparkstadion scheint dieses Jahr endgültig abzulaufen. Es wäre erstens kein Zufall und zweitens hochverdient.