In mehreren Städten haben schwere Auseinandersetzungen zwischen ukrainischem Militär und pro-russischen Kräften Todesopfer und Verletzte gefordert. Ob die geplanten Wahlen am 25. Mai stattfinden können, ist angesichts dessen unsicher.

Artemiwsk - Am frühen Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, wurden die Bewohner der Stadt Artemiwsk vom Lärm der Militärhubschrauber aus den Schlaf gerissen. Die 77 000 Einwohner zählende Stadt, berühmt vor allem wegen ihres Krimsektes, wurden Zeugen des Anti-Terror-Einsatzes, den die Übergangsregierung in Kiew am Dienstag wieder aufgenommen hat. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums konnte in Artemiwsk ein von pro-russischen Rebellen besetzter Armeestützpunkt des ukrainischen Militärs zurückerobert werden. In dem Lager sollen massenhaft Waffen untergebracht sein, mit denen die Militär- und Polizeieinheiten der Region Donezk versorgt werden. Wie viele Verletzte oder gar Tote der Einsatz gekostet hat, blieb unklar.

 

In der seit dem 13. April besetzten Stadt Slowjansk kam es am Morgen ebenfalls zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Soldaten der ukrainischen Armee und den Besetzern. Das Innenministerium rief am Mittag alle 118 000 Bewohner der Stadt auf, zu Hause zu bleiben. Ukrainische Truppen haben im Laufe des Tages mehrere Kontrollpunkte beschossen und zurückerobert, die von pro-russischen Besatzern errichtet und kontrolliert worden waren. Bei den Aktionen wurden nach offiziellen Abgaben fünf Menschen getötet. Ukrainische Behörden bezeichnete sie als „Aufständische“.

Lokale Internetmedien berichten, dass über Slowjansk Hubschrauber zu sehen seien, „es sieht so aus und hört sich so an, als sei Krieg“, schreibt das Portal Ostrow.org.

Ermordeter Lokalpolitiker beigesetzt

Am Donnerstag wurde der ermordete Lokalpolitiker Wolodymir Rybak, der der Regierungspartei Vaterland angehört hatte, in Gorliwka beigesetzt. Der ukrainische Geheimdienst veröffentlichte ein Video, aus dem hervorgehen soll, dass der russische Geheimdienst an der Entführung und Ermordung Rybaks beteiligt war. Der erste Teil des Videos soll ein Gespräch des russischen Oberstleutnants Igor Bezlier dokumentieren, wie er einem Untergebenen anweist, Rybak die Hände auf den Rücken zu fesseln und ihm die Augen zu verbinden. Der zweite Teil des Videos soll die Stimme des russischen Geheimdienst-Oberst Igor Strelkow wiedergeben, wie er den selbsternannten Bürgermeister von Slowjansk, Wjatscheslaw Ponomarow, anruft und den Rebellenchef auffordert, den Leichnam des Politikers abzuholen „weil der bereits zu stinken anfängt“. Der ukrainische Geheimdienst geht davon aus, dass Strelkow die Separatistenbewegung in der Ost-Ukraine koordiniert, Auftraggeber sei der Kreml.

Die beiden Präsidentschaftskandidaten, der in Umfragen führende Petro Poroschenko und die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko sind unterdessen zu Wahlkampfkundgebungen in Lugansk. Dort ist das Gebäude des Geheimdienstes von Separatisten besetzt, an vielen Straßen wurden Kontrollpunkte errichtet, teils von pro-russischen, teils von pro-ukrainischen Gruppen. Die Kandidaten werben trotz der Krise um Stimmen. Die Zentrale Wahlkommission in Kiew hat bekräftigt, dass die Präsidentschaftswahlen am 25. Mai stattfinden werden. Allerdings werden die Vorbereitungen behindert, weil die Regionalverwaltung in den Händen pro-russischer Kräfte ist. In dem besetzten Gebäude befindet sich auch die Wahlkommission der Region Donezk mit 4,3 Millionen Einwohnern. In den anderen Unruhe-Provinzen Charkiw, Lugansk, Dnipropetrowsk und Saporischschja leben weitere zehn Millionen Menschen. Sollten die Auseinandersetzungen andauern oder sich verschärfen, könnte die Wahl gefährdet sein.