Auch der Kapitän ist von Armin Vehs Rücktritt völlig überrascht worden. Nun sitzt wieder Huub Stevens auf der Trainerbank. „Ich glaube, dass er auch diesmal weiß, was zu tun ist“, sagt der Kapitän.

Stuttgart – - Auch Christian Gentner ist von Armin Vehs Rücktritt völlig überrascht worden. Nun sitzt wieder Huub Stevens auf der Trainerbank, wenn der VfB an diesem Freitagabend beim Abstiegskonkurrenten SC Freiburg antritt. Der Kapitän sagt: „Ich glaube, dass er auch diesmal wieder weiß, was zu tun ist.“
Herr Gentner, zum Start eine Rechenaufgabe: wie viele Trainer hatten Sie schon, seit Sie 2010 zum VfB zurückgekehrt sind?
Es waren sechs.
Genau genommen sogar sieben: Christian Gross, Jens Keller, Bruno Labbadia, Thomas Schneider, Huub Stevens, Armin Veh und jetzt wieder Stevens. Was sagt es über einen Verein aus, wenn so oft der Trainer gewechselt wird?
Das zeigt, dass wir in den vergangenen Jahren wenig erfolgreich waren. Wenn es bei einem Verein gut läuft, wird selten der Trainer gewechselt.
Wie sehr fühlt man sich als Spieler, in Ihrem Fall sogar als Kapitän, verantwortlich, wenn dauernd die Trainer gehen müssen?
Wir Spieler stehen mit in der Verantwortung, das ist doch ganz klar. Deshalb lässt uns so ein Wechsel nicht kalt, auch wenn Armin Veh jetzt freiwillig gegangen ist. Wir sind schließlich nicht gefühllos. Es geht um Jobs und andere Dinge. Da hängt eine Menge dran.
Was entgegnen Sie, wenn einer sagt, auch Pep Guardiola hätte hier keinen Erfolg, weil die Mannschaft untrainierbar ist?
Wir sind nicht untrainierbar. Unter Huub Stevens zum Beispiel haben wir uns in der Rückserie der vergangenen Saison dahingehend weiterentwickelt, dass wir viel weniger Gegentore kassiert haben. Ich glaube, man kann uns als Trainer durchaus auch etwas vermitteln.
Was ist dann unter Veh schiefgelaufen?
Das ist schwer zu sagen. Ich denke schon, dass spielerisch eine Entwicklung erkennbar war. Aber es war insgesamt nicht einfach, weil einige Dinge etwas länger gedauert haben, als wir alle uns das erhofft haben.
Waren Sie überrascht, dass er so schnell aufgegeben hat?
Ja. Keiner von uns hat damit gerechnet.
Wann haben Sie davon erfahren?
Wir sind nach dem Augsburg-Spiel am Montagvormittag normal ausgelaufen und haben uns nicht weiter gewundert, dass der Trainer nicht dabei war. Wir dachten, er analysiert noch einmal das Spiel. Danach wurde eine Besprechung angesetzt, bei der uns der Präsident informiert und Armin Veh sich verabschiedet hat.
Die einen sagen, es sei sehr ehrenwert, dass Armin Veh von sich aus den Weg frei gemacht hat, andere werfen ihm vor, er flüchte vor der Verantwortung und lasse den Verein im Stich. Wie bewerten Sie den Rücktritt?
Das spielt für mich keine Rolle. Ich finde es nur schade, weil es auch ein schlechtes Licht auf den Verein und die Mannschaft wirft. Armin Veh wäre wohl nicht gegangen, wenn wir in der Tabelle weiter oben stünden. Jetzt ist es, wie es ist. Das müssen wir akzeptieren und nach vorne schauen. Wir haben die Chance, die Zukunft positiv zu beeinflussen.
Warum ist aus Ihrer Sicht Huub Stevens auch diesmal wieder der richtige Trainer?
Weil er wenig Anlauf braucht und nahezu alle Spieler kennt. Deshalb war seine Verpflichtung für mich eine logische Entscheidung. Er ist ein Vollprofi und hat in der Vorsaison in kürzester Zeit einiges bewegt. Das hat damals auch uns Spieler sehr beeindruckt.
In den zehn Spielen unter Stevens haben Sie damals aber nur zwölf Punkte geholt. Wenn man diese Quote auf die verbleibenden 22 Spiele hochrechnet, landet man am Ende bei rund 35 Punkten. Es könnte also auch diesmal verdammt eng werden.
Letztes Jahr hatten wir in der Tat das Glück, dass es drei Mannschaften gab, die eine noch schlechtere Punktausbeute als wir hatten. Uns haben dadurch 32 Punkte zum Klassenverbleib gereicht. Wenn man den bisherigen Verlauf der Liga sieht, muss man sagen: die Wahrscheinlichkeit ist nicht groß, dass man damit noch einmal durchkommt. Wir müssen also mehr Punkte sammeln.
Was macht Ihnen Hoffnung?
Ich glaube, dass Huub Stevens auch diesmal wieder weiß, was zu tun ist. Aber wir können uns auch nicht alleine auf ihn verlassen. Wir müssen seine Vorgaben so bedingungslos umsetzen, wie er das von uns erwartet.
Worum geht es dabei konkret?
Wir brauchen wieder andere Tugenden. Wir müssen mehr auf Ergebnis spielen und uns über eine gute Defensive Stabilität und Sicherheit holen. Diese Mechanismen müssen im Abstiegskampf greifen. Dann ist es eine Frage der Zeit, bis wir wieder Punkte sammeln. Wir wissen aber auch, dass wir gerade bis Weihnachten noch enorm wichtige Spiele vor uns haben. Uns muss klar sein, dass der Abstand nach oben so klein wie möglich gehalten werden muss.
Welche Bedeutung hat vor diesem Hintergrund das Spiel beim SC Freiburg, einem der Konkurrenten im Abstiegskampf?
Eine sehr große. Dadurch, dass wir in Bremen und gegen Augsburg verloren haben, wird der Druck immer größer. Statt drei haben wir jetzt neun Punkte Rückstand auf Augsburg. Gegen Freiburg ist die Ausgangslage ähnlich. Bei einer Niederlage, woran wir gar nicht denken wollen, wäre ein weiterer Konkurrent schon ein ganzes Stück weit enteilt.
Dabei heißt es doch immer, die Qualität der Stuttgarter Spieler müsste ganz locker reichen, um in der Liga zu bleiben. Sehen Sie das auch so?
Wir dürfen uns nichts vormachen: wir haben erst neun Punkte. Die individuellen Qualitäten sind im Moment nicht entscheidend. Wir müssen einfach als Mannschaft funktionieren.
Aber Paderborn oder Freiburg haben doch keine besseren Mannschaften als der VfB.
Es wäre eine große Gefahr, mit diesem Glauben in die Spiele zu gehen. Unser Ansatz muss sein, dass wir uns nicht den Schneid abkaufen lassen und nicht jammern, wenn man uns auf die Füße tritt. Erst wenn wir kämpferisch im Spiel sind, können wir im Idealfall auch unsere spielerischen Vorteile nutzen.
Wieder gegen den Abstieg kämpfen, wieder ein neuer Trainer – wie sehr frustriert es Sie eigentlich, dass beim VfB seit einiger Zeit nur darin die Kontinuität besteht?
Natürlich ist das frustrierend. Es gab in den vergangenen Jahren viel Unruhe im Verein. Das ist sicher nicht förderlich. Es gab in der Folge auch viele Veränderungen. Aber der Fußball ist kein Wunschkonzert. Wir müssen die Situation jetzt so annehmen, wie sie ist. Zu allererst sind wir als Mannschaft gefordert