Der Vaihinger Campus mit seinen vier Schularten könnte ein Vorzeigeprojekt werden, nicht nur für Stuttgart. Doch die Stadtverwaltung vermisst ein pädagogisches Konzept.

Stuttgart - Der Weg zu einem Vaihinger Campus gestaltet sich weiter steinig. Denn in der „grünen“ Vorschlagsliste für den anstehenden Doppelhaushalt 2016/17 sind keine Planungsmittel dafür eingestellt. Doch diese sind die Voraussetzung dafür, dass das Hegel-Gymnasium, die Robert-Koch-Realschule, die Pestalozzi-Grund- und Werkrealschule und die Verbundschule Rohr einen Neubau für ein gemeinsames Campushaus als pädagogisches Herzstück bekommen und die maroden Schulhäuser endlich saniert werden können. In einer gemeinsamen Pressekonferenz zeigten sich die vier Schulen erschrocken, irritiert und enttäuscht.

 

„Angemeldet waren 1,35 Millionen Euro an Planungsmitteln, aber sie stehen im Entwurf der Verwaltung nicht drin – das wirft uns außerordentlich zurück“, sagte Barbara Graf, die Leiterin des Hegel-Gymnasiums. „Wir sind sehr verwundert, dass das Thema Partizipation in der Umsetzung der Haushaltsentwürfe nicht so ganz ernst genommen wird.“

Elternbeirat zweifelt am Sinn des Bürgerhaushalts

Die Elternbeiratsvorsitzende Gabriele Raff sprach von einem „Schlag ins Gesicht für uns alle“, denn: „Wir haben eifrig mitgestaltet und Lehrer und Eltern motiviert.“ Und: „Wir fragen uns jetzt, welchen Sinn dieser Bürgerhaushalt hat.“ Dort finde sich der Vaihinger Campus auf Platz neun. Seit 2009 kämpfe man für die Sanierung. Doch die dafür bereits im Jahr 2013 eingestellten Mittel von 2,01 Millionen Euro seien wegen des Campusprojekts zurückgestellt worden. „Das Zeug verfällt einfach still vor sich hin“, sagte Graf im Blick auf marode Fenster, Dächer, Kältebrücken und Schimmel.

„Es gibt nur einen einzigen Schulcampus, in dem vier Schularten vertreten sind und gemeinsam was auf die Beine stellen wollen“, sagte Graf. Allerdings taten und tun sich die Schularten mit einem gemeinsamen Konzept bisher schwer. Gegen das von Schulbürgermeisterin vorgeschlagene Lernhaus mit einer gemeinsamen Orientierungsstufe hatte sich vor allem das Gymnasium vehement gewehrt. Gemeinschaftsschule werden wollte und will nur die Pestalozzischule. Hans-Jürgen Fuchs vom Schulleitungsteam der Robert-Koch-Realschule erklärte hierzu: „Wir haben dafür nicht genug Räume und wollen erst die Rahmenbedingungen dafür haben.“ Kurz darauf sagte er: „Wir haben hier keinen Bedarf für eine Gemeinschaftsschule.“ Auch das Hegel-Gymnasium hatte sich von Anfang an dagegen gewehrt.

Schulen wollen ihre pädagogischen Angebote verbessern

Doch in Sachen Neubau eines Campushauses mit neuen Räumen für die Naturwissenschaften, Musik, Kunst und Ganztag hatten sich die Schulen zusammengerauft und sich von einem von der Stadt bezahlten Prozessbegleiter beraten lassen. „Wir würden gern mit Hilfe dieses Hauses unser pädagogisches Angebot verbessern“, sagte Graf – projektorientierter arbeiten, differenziertere Lernangebote machen. Allerdings im Wesentlichen jede Schule für sich.

Berührungspunkte sehen die Schulen bei musikalischen und kreativen Projekten sowie im Förderunterricht. Auch eine schulartenübergreifende Beratung der Eltern könne dort stattfinden. Und auch Inklusion werde ein wichtiger Bestandteil sein. „Die Barrieren im Kopf sind weg“, konstatierte Klaus Hubrich, der Rektor der Verbundschule Rohr.

Doch Inklusionskinder sind bisher vor allem in der Pestalozzischule, die damit den Rückgang bei den Werkrealschülern auffängt, sowie in der Robert-Koch-Realschule. Im Hegel-Gymnasium gebe es noch keine Kinder mit sonderpädagogischer Förderung, räumte Graf ein.

Schulbürgermeisterin vermisst pädagogisches Konzept

Der Prozess der Annäherung von vier Schularten müsse von unten wachsen, dürfe nicht übergestülpt werden, erklärte Gabriele Raff. „Die Entscheidungsgewalt“, betonte Graf, „muss bei der Schulkonferenz bleiben.“ Nächste Woche habe man einen Termin bei Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU). Doch diese erklärte der StZ auf Anfrage, das Projekt Vaihinger Campus habe „noch keine Haushaltsreife“. Bisher fehle ein pädagogisches Konzept für das Lernhaus. „Solange das nicht vorliegt, können wir nichts beplanen und nichts bauen.“ Und deshalb stehe das Projekt auch nicht auf der grünen Liste. „Wenn wir dort in einen Campus investieren, dann geht’s drum, da was gemeinsam zu entwickeln“, so Eisenmann. „Das muss mehr sein als eine gemeinsame Nutzung von Räumen.“

Bei dem Vorhaben geht es insgesamt um Investitionen in Höhe von 75 Millionen Euro. Für die Planungsmittel hoffen die Schulen jetzt auf die Ratsfraktionen.