Die Opposition wirft dem CSU-Verkehrsminister vor, die Fragerechte des Parlaments zu missachten. Seit seinem Amtsantritt würden „regelmäßig Kleine Anfragen erst mit deutlicher Verspätung und nach mehrfachen Nachfragen beantwortet“.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Der Ärger über die Maut, die marode und unterfinanzierte Verkehrsinfrastruktur, die Probleme der bundeseigenen Deutschen Bahn: es war gewiss kein leichtes Jahr für Alexander Dobrindt. Der Bundesverkehrsminister muss seit seinem Amtsantritt viel Kritik und Spott einstecken. Auch für die Opposition im Bundestag ist der CSU-Mann eine beliebte Zielscheibe, und manchmal liefert sein eigenes Ministerium dafür die Munition.

 

Das gilt etwa für die schleppende Bearbeitung von Fragen der Volksvertreter. Nach der Geschäftsordnung des Bundestags sind schriftliche Fragen von Abgeordneten binnen einer Woche, Kleine Anfragen von Fraktionen binnen 14 Tagen zu beantworten, wobei auf Antrag eine Fristverlängerung durch den Bundestagspräsidenten möglich ist. Mit solchen Anfragen können Parlamentarier Fakten klären, das Handeln der Ministerien und Behörden durchleuchten und im besten Fall Licht in undurchsichtige Vorgänge bringen.

Die Grünen und die Linke nutzen diese Möglichkeit rege, zumal die Opposition angesichts der drückenden Übermacht der großen Koalition sonst einen schweren Stand hat. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einen fairen Umgang miteinander gerade wegen der eindeutigen Machtverhältnisse zugesagt. Doch diesen fairen Umgang vermisst die Grünen-Fraktion beim Verkehrsministerium. Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann wirft Dobrindt in einem geharnischten Brief vor, die Fragerechte des Parlaments zu missachten.

Unbequeme Fragen bleiben liegen

In dem vierseitigen Schreiben, das ihm noch vor den Festtagen ins Haus flatterte und der Stuttgarter Zeitung vorliegt, listen die Grünen mehr als ein Dutzend Fälle auf, in denen das Verkehrsministerium die Antworten zu lange oder ganz schuldig geblieben ist. Seit seinem Amtsantritt würden „regelmäßig Kleine Anfragen erst mit deutlicher Verspätung und nach mehrfachen Nachfragen beantwortet“. Ein solcher Umgang mit den Rechten des Parlaments sei „nicht hinnehmbar“. Es dränge sich der Verdacht auf, dass das Ministerium unliebsame Informationen möglichst lange zurückzuhalten versuche.

Es sind in der Tat für die Regierung unbequeme Fragen, bei denen die Antworten um sechs Tage und mehr zu spät kamen. Etwa zur Zukunft der Mautfirma Toll Collect, von der die Regierung seit Jahren vergeblich eine Milliardenentschädigung wegen der verzögerten Einführung der Lkw-Maut fordert. Trotzdem wurde der lukrative Betreibervertrag mit der Daimler-Tochter unlängst verlängert. Oder zu den Kosten und Fortschritten des Bahnprojekts Stuttgart 21, zur Lage im Fernbusverkehr oder zur Finanzierung von Straßenprojekten.

In einigen Fällen hat die Opposition bis heute keine Antwort bekommen. Zum Beispiel in Sachen „Langsamfahrstellen“ im deutschen Schienennetz, also jenen Problemzonen, in denen Gleise, Schwellen, Weichen, Brücken oder Tunnel bereits so reparaturbedürftig sind, dass die Züge nur noch im Schneckentempo die Gefahrenbereiche passieren dürfen. Auch auf die Kleine Anfrage nach dem Zustand der Bahntunnel in den einzelnen Bundesländern haben die Grünen keine Antwort bekommen. In beiden Fällen verweist das Ministerium darauf, dass die bundeseigene Deutsche Bahn, die das ebenfalls bundeseigene Netz im Auftrag des Bundes verwaltet, die Daten nicht übermittelt habe.

„Maut- und Klauenseuche“ im Ministerium

Zumindest Haßelmanns Brief hat Dobrindt sehr schnell beantwortet. In dem Schreiben, das der StZ ebenfalls vorliegt, entschuldigt er sich für die Versäumnisse. Ziel sei, Anfragen fristgerecht zu beantworten. Das sei beim weit überwiegenden Teil der Anfragen auch der Fall. Den Vorwurf, man unterlaufe das Fragerecht des Parlaments, weist der Minister zurück. Vielmehr sei „hoher Abstimmungsbedarf“ der Grund für die Verzögerungen. Man werde künftig ordnungsgemäß um Fristverlängerungen bitten. Für den Bahn-Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, liegen die Probleme tiefer. Das Ministerium sei wegen des endlosen Hin und Her um die „CSU-Maut“ „faktisch lahmgelegt“, intern sei von „Maut- und Klauenseuche“ die Rede. Wichtige Entscheidungen stünden aus, etwa zur weiteren Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs. „Wir erwarten, dass das Ministerium ein Jahr nach der Koalitionsbildung endlich seine Arbeit aufnimmt“, sagt Gastel. „Dazu gehört, dass parlamentarische Rechte wie die Beantwortung von Anfragen geachtet werden.“