Kleinaktionäre rügen, dass das Kontrollgremium des Stuttgarter VW-Großaktionärs deutlich erweitert wird – um Platz für weitere Vertreter der vierten Generation der einst von Ferdinand Porsche gegründeten PS-Dynastie zu schaffen.

Stuttgart - Der Generationswechsel im Aufsichtsrat der Stuttgarter Porsche Holding stößt in der Hauptversammlung auf scharfe Kritik. Denn um Platz für die Neuen zu schaffen, wird der Aufsichtsrat von sechs auf zehn Vertreter der Anteilseigner erweitert. Die Porsche Holding sei doch kein „Wohlfahrtswerk für die Familie“ wettert der Kleinaktionär Matthias Gaebler. Eine Geburt in Österreich oder der Name seien doch kein Qualifikationsmerkmal, um in den Aufsichtsrat einzuziehen, meint der Stuttgarter Berater – und erhält dafür Beifall von den anderen Aktionären.

 

Auch Christian Strenger, der renommierte Experte für eine gute Unternehmensführung (Corporate Governance) lehnt die Erweiterung ab. Der Aufsichtsrat sei doch keine Schulungsveranstaltung für junge Familienangehörige, kritisiert Strenger. Von den Vertreter der Aktionärsvereinigungen DSW und SdK gibt es ebenfalls keine Zustimmung, weil die Interessen der Vorzugsaktionäre damit ihrer Ansicht nach zu wenig berücksichtigt werden.

So breit die Kritik ist – an der Zustimmung zur Erweiterung des Aufsichtsrats gibt es jedoch von vornherein keinen Zweifel. Denn sämtliche stimmberechtigten Stammaktien liegen in den Händen der Familien Porsche und Piëch. Die anderen Miteigner halten zwar insgesamt die Hälfte aller Anteilsscheine, es sind jedoch ausschließlich Vorzugsaktien, die kein Stimmrecht haben.

Der Rückzug von Ferdinand Piëch war Grund für den Generationswechsel

Ausgelöst wurde der Generationswechsel im Aufsichtsrat durch den Rückzug von Ferdinand Piëch im vergangenen Jahr. Der ehemalige VW-Patriarch hatte nach langem Streit seine Porsche-Aktien, die andere Mitglieder der Familie übernommen haben, verkauft. Über die Stuttgarter Holding hält die Familie eine Mehrheit der Stammaktien von VW. Nach dem Vollzug des Verkaufs gab Ferdinand Piëch im vergangenen Dezember auch seinen Aufsichtsratssitz ab. Mit der diesjährigen Hauptversammlung ist auf eigenen Wunsch zudem Hans-Peter Porsche (77), der ebenfalls zur dritten Generation des PS-Clans gehört, aus dem Kontrollgremium ausgeschieden.

Im Gegenzug erhalten nun drei Vertreter der vierten Generation einen Platz im Aufsichtsrat: Peter Daniell Porsche (44), Stefan Piëch (47) sowie Josef Ahorner (58).

Damit gehören sechs von zehn Aufsichtsräten zur Familie, denn Ferdinand Oliver Porsche (57) sitzt bereits als Vertreter der vierten Generation im Kontrollgremium. Zur dritten Generation der einst vom Käfer-Konstrukteur Ferdinand Porsche gegründeten PS-Dynastie gehören die Aufsichtsräte Hans Michel Piëch (76) und Wolfgang Porsche (75), der Vorsitzender des Gremiums ist.

Die Anleger monieren den fehlenden Aufklärungswillen beim VW-Abgasskandal

Bei dem Aktionärstreffen sollten ursprünglich zudem drei neue Mitglieder in den Aufsichtsrat gewählt werden, die nicht zur Familie gehören. Siegfried Wolf, der ehemalige Chef des Autozulieferers Magna, teilte jedoch kurz vor der Hauptversammlung mit, dass er zunächst einmal doch nicht kandidieren wolle. Der 60-Jährige begründete dies mit US-Sanktionen gegen den russischen Autoherstellers Gaz, dessen Aufsichtsratschef Wolf ist. Er wolle zunächst einmal klären, ob die neue Aufgabe bei Porsche mit seinem russischen Amt vereinbar sein, so Wolf. Neu in den Porsche-Aufsichtsrat kommen nun zunächst einmal der Rechtsanwalt Ulrich Horvath, der Partner beim Kanzleiriesen Freshfields, Bruckhaus, Deringer in Wien ist, sowie Marianne Heiß, Finanzchefin der Werbeagentur BBDO in Düsseldorf. Viertes Mitglied des Aufsichtsrats, das nicht zur Familie gehört, ist der frühere Henkel-Chef Ulrich Lehner.

Viel diskutiert wurde auf der Hauptversammlung über den VW-Abgasskandal und die rechtlichen Auseinandersetzungen, die Dieselgate auch bei der Porsche Holding ausgelöst hat. Moniert wurde ein fehlender Aufklärungswille. Zudem kämpft die Stuttgarter Holding immer noch mit rechtlichen Altlasten nach der gescheiterten Übernahme von VW durch Porsche unter dem früheren Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Hier läuft ein Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Celle, in dem es um Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe geht. Dieses Verfahren soll am 5. Juni fortgesetzt werden, wurde auf der Hauptversammlung mitgeteilt.

Vor Beginn des Aktionärstreffens gab die Porsche Holding bekannt, dass das Konzernergebnis nach Steuern im ersten Quartal dieses Jahres bei 951 Millionen Euro und damit um 35 Millionen Euro unter dem Wert des Vorjahres lag. Für das Gesamtjahr wird weiterhin ein Konzernergebnis nach Steuern zwischen 3,4 Milliarden und 4,4 Milliarden Euro erwartet.