Nun scheint sich doch eine Mehrheit für eine Fortsetzung der Großstadtzulage „Tarif plus“ zu formieren. Die Entscheidung darüber wurde auf den 21. und 22. Dezember vertagt. Im Jugendhilfeausschuss erntete Bürgermeisterin Isabel Fezer Kritik für den Alleingang der Stadt bei der Gewinnung von Erzieherinnen.

Stuttgart - Mit ihrem Konzept zur Personalgewinnung in den Kitas hat die Bürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) für die Ausweitung der praxisorientierten Erzieherausbildung (Pia) Zuspruch erhalten, musste in Sachen Werbekampagne und Großstadtzulage für Erzieherinnen aber auch Kritik einstecken. Im Jugendhilfeausschuss kam man auf Vorschlag von Iris Ripsam (CDU) überein, die Entscheidung über diesen Themenkomplex auf den 21. und 22. Dezember zu verschieben . Bis dahin, so der Wunsch des Gremiums, solle die Stadt zum einen weitere Zahlen liefern, was eine Fortführung der Großstadtzulage für Erzieherinnen in unterschiedlichen Varianten kosten würde. Zum anderen drangen die freien Kitaträger darauf, in die Ausweitung der Pia-Plätze und in die von der Stadt geplante Werbekampagne einbezogen zu werden.

 

Um dem Personalengpass bei Erzieherinnen entgegenzutreten, will die Stadtverwaltung die Pia-Ausbildung die bisher 180 Plätze um 30 erhöhen. Und sie will die Großstadtzulage für Erzieherinnen zum Ende dieses Jahres auslaufen lassen, obwohl diese sich positiv ausgewirkt und „die Arbeitsmarktlage sich nicht verändert“ habe, wie Fezer einräumte. „Das widerspricht sich ein wenig“, merkte Ripsam an, und die Bürgermeisterin gab ihr Recht. Die Zulage, so Fezer, sei „ja als Auslaufmodell konzipiert worden – es ist am Ende Ihre Entscheidung“, sagte sie in Richtung der Stadträte.

Bei den Stadträten zeichnet sich ein Konsens für eine Fortführung der Zulage ab

Bei diesen zeichnet sich nun ein Konsens ab, die Zulage zumindest noch im nächsten Jahr weiterhin zu gewähren. Denn die anderen Maßnahmen zur Personalgewinnung reichten nicht aus, so Judith Vowinkel (SPD): „Natürlich ist die Ballungsraumzulage ein Grund, sich in der der Landeshauptstadt zu bewerben.“

Christian Walter (SÖS/Linke-plus) bezeichnete die städtische Vorlage im Blick auf 200 unbesetzte Erzieherstellen und mehr als 3000 fehlende Kitaplätze als „Armutszeugnis“; deshalb müsse der „Tarif plus“ fortgesetzt werden – „aus zwingenden Gründen“, so Walter. Andernfalls sei auch die stets bezeugte Wertschätzung für Erzieherinnen ein Lippenbekenntnis. Auch Bernd Klingler (AfD) erklärte: „Wir sehen den Tarif plus nicht als Auslaufmodell.“ Es sei „grotesk, dass Kita-Gebäude teilweise leer stehen, weil Personal fehlt.“ Man müsse eben eine Imagekampagne starten.

Mit dem städtischen Vorschlag, die Pia-Ausbildung um 30 Plätze zu erweitern, zeigten sich alle einverstanden, zumal bisher mehr als 80 Prozent der Absolventen ihrem städtischen Arbeitsplatz treu blieben. Vittorio Lazaridis (Grüne) warb zudem für ein „Bündnis für Ausbildung“, gemeinsam mit den freien Trägern: „Wir hätten gern eine tarifgerechte Ausbildungspauschale.“

Freie Kitaträger wollen gemeinsame Strategie mit der Stadt zur Personalgewinnung

Klare Kritik an der Stadt kam von den freien Trägern: Diese „bedauern, dass noch keine gemeinsame Werbeaktion versucht wurde“, sagte Hubert Hiller vom katholischen Träger. Und: „Das Ziel darf nicht sein, dass die Träger sich gegenseitig das Personal abjagen.“ Der Ausschuss möge bitteschön die Weichen für eine trägerübergreifende Strategie stellen. Jörg Schulze-Gronemeyer vom evangelischen Träger berichtete, er habe die freien Träger abgefragt. Diese könnten 80 zusätzliche Pia-Ausbildungsplätze einrichten – vorausgesetzt, dass diese nicht auf den Stellenplan angerechnet würden.

80 Plätze mehr – das nahm Fezer „beglückt zur Kenntnis“. Von Konkurrenz könne keine Rede sein: „Jede Erzieherin, die nach Stuttgart kommt, entlastet uns alle“ – egal, zu welchem Träger sie komme. Denn: „Ich bin verantwortlich dafür, dass in Stuttgart der Rechtsanspruch erfüllt wird.“ Zu Gesprächen mit den freien Trägern über eine gemeinsame Strategie sei sie gern bereit.

Der Vorschlag von Jugendamtschefin Susanne Heynen, dies erst nach Weihnachten zu tun, kam bei den freien Trägern nicht gut an. Denn diese wünschen sich seit 2014 ein gemeinsames Konzept – bisher vergeblich.