Ruhe und beste Bedingungen – der VfB findet beim Trainingslager in Portugal alles, was er braucht. Auch kleinere Zwischenfälle haben da keine Bedeutung mehr.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Lagos - Die Streitmacht ist klein, aber beweglich. Vorneweg ein Minitraktor, der über das Gelände knattert und nach den größten Narben im Grün sucht. Ana Oliveira in ihrer roten Jacke sitzt auf ihm. Ein Rasenmäher schwirrt noch um die Greenkeeperin herum. Dahinter drei Gärtner mit Harken. Denn kaum haben die Fußballer des VfB Stuttgart den Trainingsplatz verlassen, machen sie sich an ihr Werk: den Untergrund ausbessern.

 

Kein Grashalm soll falsch liegen, wenn die Gäste aus Deutschland ihrer Arbeit an der portugiesischen Algarveküste nachgehen. Einen himmlischen Rasen sollen die Stuttgarter in ihrem vermeintlichen Trainingsparadies vorfinden – das ist momentan das wichtigste Kapital der Hotelbetreiber im noblen Cascade Resort in Lagos.

Sven-Göran Eriksson hat die Anlage konzipiert

Am zweitwichtigsten sind die kurzen Wege. Knapp 150 Meter sind es für die Spieler vom Hotelausgang bis zum Trainingsareal: zwei Rasenplätze plus eine Grünfläche für Laufübungen und andere Hölleneinheiten. Der frühere englische Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson hat die Anlage konzipiert, und nun breitet sich allein der VfB auf ihr aus. Was ebenfalls ein großer Standortvorteil ist. „Wir wollten möglichst als einzige Mannschaft auf dem Gelände sein“, sagt Ralph Herkommer, der Reiseorganisator und Teambetreuer des VfB.

Die Exklusivität reicht diesmal sogar so weit, dass die Stuttgarter mit ihrem fast 50-köpfigen Tross nahezu die einzigen Hotelgäste sind. Im Januar ist wenig bis nichts los in der Ferienregion im Südwesten Europas. Ganz anders als vor einem Jahr, als der VfB sein Wintertrainingslager in Südafrika abhielt. Bunt und belebt ging es im Zentrum von Kapstadt zu, wo die Mannschaft residierte – aber dafür auch zweimal täglich zweimal 30 Minuten mit dem Bus zum Trainingsgelände fahren musste.

Die Entscheidung pro Portugal fiel noch zu Vehs Zeiten

Zeit, die für Übungseinheiten und Regeneration fehlen könnte. Und Zeit, die Huub Stevens nicht verlieren will. Weshalb sich der Trainer mit der Wahl seines neuen Clubs gleich sehr zufrieden gezeigt hat. „Er wollte die Eckdaten wissen und fand es gut, dass wir das Trainingslager nicht zu früh geplant hatten“, sagt Herkommer – und war froh, nicht ans Stornieren denken zu müssen. Denn die Entscheidung pro Portugal fiel, als der Cheftrainer noch Armin Veh hieß, und die ersten Vorbereitungen liefen, als Fredi Bobic noch Manager war.

Doch auch dessen Nachfolger Robin Dutt kennt die Edelanlage am Meer – und schätzt sie. 2012 war der neue VfB-Sportvorstand mit Bayer Leverkusen da, damals noch als Trainer. Und wie das Fußballleben so spielt, verzichteten die Leverkusener diesmal auf ihre vertragliche Option, wieder zu kommen. Damit war im vergangenen Oktober der Weg für den VfB frei. Noch bevor Borussia Dortmund zusagen konnte, unterschrieb Herkommer die ersten Papiere. 125 000 Euro kostet den VfB die Dienstreise. Ein guter Preis auf einem umkämpften Markt, da die Stuttgarter auf die Zusammenarbeit mit Agenturen verzichten, die ansonsten mitverdienen würden.

In den Lobbys in Belek herrscht Basaratmosphäre

Notgedrungen wich der BVB nach Spanien aus. Eine Variante, die auch für den VfB infrage kam, da die iberische Halbinsel nicht als so regenanfällig gilt wie die türkische Riviera. Dennoch hat sich Belek zum Dorado der Wintervorbereitung entwickelt. Sechs Erstligisten haben sich diesmal dort einquartiert. „Zwischen Januar und März tummeln sich in Belek um die 600 Teams im Trainingslager, von der ersten bis zur vierten Liga“, sagt Herkommer.

Mit allen Vor- und Nachteilen geht das Trainingstreiben über die Bühne. Ruhe gibt es keine, weil sich außer den Fußballern gleichzeitig viele Spielerberater in Belek aufhalten. Gerne herrscht dann in den Hotellobbys Basaratmosphäre. Ständig werden Spieler angeboten und weitergeschoben. Dennoch ist Belek beliebt, weil es eine gute Infrastruktur bietet – und reichlich Testspielgegner in allen Güteklassen.

Das bisschen Regen stört Stevens nicht

Für den VfB war es dagegen ein zähes Ringen, geeignete Gegner zu finden. An diesem Montag geht es gegen den albanischen Erstligisten KC Laci, drei Tage später gegen den portugiesischen Zweitligisten Sporting Clube Farense. Angedacht waren aber Begegnungen mit dem SC Heerenveen und dem FC Brügge. Doch die Niederländer verlegten kurzfristig ihren Rückrundenstart nach vorne, was Heerenveen aus dem Spiel nahm. Brügge zerschlug sich wie andere Optionen gegen namhaftere Teams.

Für Stevens ist das jedoch kein Problem. Ebenso wie der Regen, der bei milden 15 Grad in den ersten Tagen gelegentlich fällt. „Das sind beste Bedingungen zum Trainieren“, sagt der Coach und macht der kleinen Gärtnerstreitmacht um Ana Oliveira das schönste Kompliment: „Super Plätze.“