Vier Wochen vor Eröffnung gewährt der Projektentwickler ECE einen Blick in das größte Einkaufscenter im Südwesten. Kritik am Mietermix lassen die Verantwortlichen nicht gelten – für sie zählen allein die Konsumwünsche der Kunden.

S-Mitte - Zwischen 20 000 und 25 000  Menschen müssen jeden Tag ins Milaneo strömen, damit sich das Einkaufszentrum an der Ecke Heilbronner und Wolframstraße für den Betreiber ECE am Ende rechnet. Zu Spitzenzeiten – etwa kurz nach der Eröffnung oder an den Samstagen vor Weihnachten – erwarten die Verantwortlichen sogar zwischen 50 000 und 70 000 Kunden täglich. Vier Wochen vor dem Start haben die Macher der Mall einen letzten Blick ins Innere gewährt. Das größte Shoppingcenter im Südwesten wird am 9. Oktober eröffnen.

 

Wenn die Verantwortlichen über das Milaneo und die gut 43 000 Quadratmeter Verkaufsfläche sprechen, betonen sie zwei Dinge immer wieder: Das Milaneo werde vollvermietet an den Start gehen – und die Nachfrage seitens der Händler sei enorm hoch gewesen. Aus dem Mietermix hat die ECE lange ein Geheimnis gemacht – am Dienstag hat sie die gut 200 Geschäftsnamen dann doch bekanntgegeben. „Viele Marken haben schon lange den Wunsch gehabt, nach Stuttgart zu kommen“, berichtet der Vermietungsmanager Stefan Schußmann. Und die Königstraße sei für viele Unternehmen ein zu teures Pflaster.

Mieten im Milaneo günstiger

Während die Mieten in den Toplagen der Innenstadt bis zu 300 Euro pro Quadratmeter betragen können, werden im Milaneo im Schnitt lediglich 32 Euro fällig – ein deutlicher Unterschied. Das macht die Center für Händler attraktiv. „Die Frage, ob Innenstadt Ja oder Nein, hat sich für uns nicht direkt gestellt“, sagt beispielsweise Claudia Riepl. Sie leitet die Marketingabteilung bei Intersport Voswinkel. Das Unternehmen wird nicht nur im Milaneo mit einer Filiale vertreten sein, sondern auch im Gerber, dem zweiten neuen Shoppingcenter in Stuttgart. Die rund 25 000 Quadratmeter große Mall an der Ecke Tübinger Straße und Paulinenbrücke wird bereits am 23. September mit 86 Geschäften offiziell eröffnet.

Insgesamt kommen zu den in der Stuttgarter Innenstadt bereits vorhandenen rund 490 000 Quadratmetern Handelsfläche innerhalb von wenigen Wochen nochmals mehr als 70 000 Quadratmeter hinzu. Rechnet man die neue Filiale des Outdoorhändlers Globetrotter und das im Bau befindliche Dorotheenquartier von Breuninger am Karlsplatz mit ein, liegt der Zuwachs bei etwa 20 Prozent zum aktuellen Bestand. Analysten rechnen damit, dass somit mehr als 350 Millionen Euro jährlich an zusätzlichem Umsatz im Einzelhandel notwendig sein wird, damit alle Akteure am Markt langfristig überleben können. Dass seriöse Prognosen zurzeit kaum möglich sind, zeigt sich auch daran, wie unterschiedlich die Händler die einzelnen Standorte bewerten. Während Voswinkel die Innenstadt meidet und ausschließlich in den Centern eröffnet, nutzen andere Labels die Chance, um die Zahl ihrer Filialen zu erhöhen. Die spanische Modemarke Desigual behält ihren Standort an der Königstraße und eröffnet zusätzlich eine Filiale im Gerber. Anbieter wie H&M, Zara oder Vero Moda sind ebenfalls in der City vertreten, ziehen aber zudem ins Milaneo ein.

C&A gibt einen Innenstadt-Standort auf

Anders sieht es hingegen bei C&A aus. „Dort wird man sich von einem Standort in der Innenstadt verabschieden und dafür im Milaneo eröffnen“, sagt Klaus Striebich, der ECE-Geschäftsführer für den Bereich Vermietung. Das Modelabel Volcom verlässt die City sogar komplett. Die Marke gibt ihr Geschäft an der Breite Straße auf, um im Gerber neu zu eröffnen.

Als sogenannten Ankermieter – das ist der wichtigste große Flächenabnehmer – hat das Gerber am südlichen Rand der City das trendige Modeunternehmen Urban Outfitters gewonnen. Im Milaneo wird die als Billigkette bekannte Modemarke Primark diese Rolle übernehmen. Das irische Unternehmen wirbt mit niedrigen Preisen, wird mit mangelhaften Produktionsbedingungen in Verbindung gebracht und ließ unter anderem in der Fabrik in Bangladesh produzieren, deren Einsturz 2013 mehr als 1100 Menschen das Leben kostete.

Zehntausende Kunden täglich

Kritik an der Entscheidung für Primark lässt Striebich jedoch nicht gelten. „Zugegeben, die Marke polarisiert ein bisschen aber ein Fehler war das nicht.“ Das Unternehmen habe vielleicht in Sachen Social Responsability noch das eine oder andere zu lernen, so der Geschäftsführer. „Wir aber orientieren uns allein an den Wünschen der Kunden – und da ist Primark der Knüller. “

Dass Zehntausende Kunden täglich ins Milaneo pilgern werden, daran haben die Macher vier Wochen vor der Eröffnung keine Zweifel. „Stuttgart hat riesiges Potenzial“, sagt Striebich. Doch wenn der Vermietungschef von Stuttgart spricht, meint er, wie er selbst sagt, nicht die knapp 600 000 Einwohner der Landeshauptstadt. Im Datenblatt für das Milaneo gibt die ECE einen Einzugsbereich von 2,9 Millionen Einwohnern an. Damit ist die Ausrichtung des Centers klar umrissen. Das Milaneo zielt auf die Region und das erweiterte Stuttgarter Umland.