Pro-Sieben-Sat-1 zeigt drei sehenswerte Abschlussfilme der Ludwigsburger Filmakademie. Leider laufen die Thrillertragödie „Bissige Hunde“ und die anderen Filme der Reihe „Young Lions 7.1“ nur spät abends beim Tochtersender Sixx.

Stuttgart - Es muss ein großartiges Gefühl sein, wenn man weiß: Der Abschlussfilm, in den meine Kommilitonen und ich all unser Herzblut investiert haben, wird nach einer Handvoll öffentlicher Vorführungen nicht in der Versenkung verschwinden, sondern bei Pro Sieben oder Sat  1 zur besten Sendezeit laufen. Für die Sendergruppe, die ein entsprechendes Abkommen mit der Filmakademie Ludwigsburg eingegangen ist, birgt die Vereinbarung natürlich ein gewisses Risiko. Einerseits sind die Filme preiswerter als Eigenproduktionen; andererseits ist die Zielgruppe anspruchsvoll. Aber gerade „Bissige Hunde“ und „Zahltag – Nicht mit uns“, beide herausragend gut fotografiert und großartig besetzt, sind großes Kino und würden sehr wahrscheinlich problemlos neben dem üblichen Pro-Sieben-Programm bestehen.

 

Der Film „Bissige Hunde“ (Regie: Alex Eslam), der am Samstag den Auftakt macht, ist eine melancholische Thrillertragödie über einen lebensmüden Kleinstadtpolizisten (Tobias Oertel), der erkennen muss, dass sein Sohn die örtliche Bank überfallen hat. Tatsächlich ist die Sache viel komplizierter, denn der Drahtzieher des Überfalls ist ein Kollege. Dessen Plan ist brillant, aber nicht perfekt, und so genügt eine kleine Abweichung, um eine fatale Kettenreaktion auszulösen. Nicht minder sehenswert ist „Zahltag“ (11. Juli) von Martin Schreiber, eine romantische Gangsterballade, in der ein Wirtschaftsermittler (Ken Duken) die Seiten wechselt, als er merkt, dass er mit legalen Mitteln gegen das korrupte System der Deutschen Nationalbank keine Chance hat. Also wird er zum Robin Hood und hofft, im Zuge seiner Überfälle belastendes Material gegen die mächtige Bank zu finden. Deren Chef spielt grandios Thomas Thieme, zu den Bankräubern gehört unter anderem Matthias Koeberlin.

In dem Fantasywerk „Der Himmel zwischen den Welten“ (18. Juli) von Thomas André Szabó schließlich setzt ein gefallener Engel Himmel und Hölle in Bewegung, um den Weltuntergang einzuleiten. Der Film fällt nicht nur thematisch aus dem Rahmen, hat aber mit Franz Dinda, Vladimir Burlakov und vor allem Zoe Moore ausgezeichnete junge Schauspieler zu bieten.

Von „Versenden“ könne keine Reden sein

Die Sendergruppe hat den drei Produktionen die etwas großspurig klingende Dachmarke „Young Lions 7.1“ verpasst (7.1 bezieht sich auf Pro Sieben und Sat 1), das Filmpaket aber an die Tochter Sixx weitergereicht, ein Senderchen, dessen Sinn und Zweck vor allem darin besteht, alte Serien zu wiederholen. Dort werden die Filme nun samstags um 22.10 Uhr versendet. Jochen Ketschau, bei Pro-Sieben-Sat-1 für die Fiction aus Deutschland zuständig, sieht das allerdings anders. Er betont, dass man den jungen Filmemachern im Rahmen des Abkommens „möglichst viel Freiheit während des kreativen Schaffungsprozesses und der Gestaltung“ lasse. Am Ende werde dann entschieden, zu welchem Sender der Gruppe ein Film am besten passe; und in diesem Fall „ergänzen die drei neuen Movies am besten das Sixx-Portfolio.“ Von „Versenden“ könne „am zuschauerstarken Samstagabend“ ohnehin keine Rede sein.

Die Absolventen halten sich bei ihren Aussagen zurück; sie wollen es sich nicht mit einem potenziellen zukünftigen Auftraggeber verscherzen. Zwei der drei betroffenen Produzenten ziehen es ebenfalls vor zu schweigen, und auch Uli Aselmann (die film GmbH) äußert sich differenziert: Es sei zwar richtig, dass sich die Filmemacher „etwas Anderes ausgerechnet haben, was die Reichweite beim TV-Publikum angeht“, und es sei auch zu bezweifeln, dass „die Ausstrahlung auf Sixx der Grundintention der Akademie Ludwigsburg und insbesondere der baden-württembergischen Filmförderung entspricht“, aber eins müsse man festhalten: „Die Filmemacher konnten die Chance nutzen, ihre Abschlussarbeit unter der Aufsicht der Akademie und mit einem Input von etablierten Produzenten, der Redaktion von Pro-Sieben-Sat-1 und letztlich einem recht ordentlichen Budget zu realisieren.“

Der Akademieleiter Thomas Schadt möchte den Kooperationspartner ebenfalls nicht brüskieren und äußert Verständnis für die unter dem Druck des Medienmarktes stehende Sendergruppe. Außerdem sei es „durchaus üblich in der Branche, dass in Aussicht gestellte Sendeplätze nicht eingehalten und abgeändert werden, wenn strategische Gründe dies für die Sender notwendig erscheinen lassen.“ Für die Absolventen sei es aber fraglos hart gewesen, dass ihre Diplomfilme nicht wie angekündigt in der Hauptsendezeit liefen. Dennoch will Schadt die Zusammenarbeit fortsetzen. Die Akademie sehe die Perspektive des Abkommens positiv, zumal ein vierter Abschlussfilm, der gerade produziert werde, in der Hauptsendezeit von Sat 1 laufen soll.

Das Recht aber nicht die Pflicht

Gerade angesichts des dünnen Eises ist es um so respektabler, dass der „Bissige Hunde“-Producer Malte Can zum unerwarteten Sendeplatz Stellung nimmt: „Wir haben gelernt, dass ein Sender zwar das Recht auf die Ausstrahlung erwirbt, aber er keineswegs auch die Pflicht dazu hat.“ Can, der mittlerweile Filme und Serien für die Produktionsfirma H & V Entertainment entwickelt, nimmt die Herausforderung sportlich: „Es wäre toll, wenn wir Sixx mit unseren Filmen etwas bekannter machen und neben dem überwiegend weiblichen Publikum auch noch männliche Kinofans erreichen könnten.“

Davon abgesehen ist Can der Sendergruppe vor allem dankbar, schließlich sei „Bissige Hunde“ ein „klassischer Genrefilm mit sehr emotionalem Kern“, was ihn stark von den üblichen Debütstoffen unterscheide. Eine Zusammenarbeit mit einem ARD-Sender oder dem ZDF sei daher nicht infrage gekommen. Dank der Unterstützung durch das Land und Pro-Sieben-Sat-1 sei es jedoch möglich gewesen, „einen Film zu machen, für den wir selbst ins Kino gehen würden.“ „Wir“, das sind in diesem Fall neben Eslam und Can der zweite Producer, Timm Reinfarth, sowie der Kameramann Carlo Jelavic. Wenn diese vier das Versprechen, das „Bissige Hunde“ darstellt, mit späteren Arbeiten einlösen, wird man noch viel von ihnen hören; und vor allem sehen.