Das Präsidium des Aufsichtsrats von VW hat sich einstimmig für eine Verlängerung des Vertrags von Vorstandschef Martin Winterkorn ausgesprochen – und setzt damit auf Kontinuität.

Stuttgart - Der innerste Machtzirkel des VW-Aufsichtsrats setzt auf Kontinuität: Das Präsidium des Aufsichtsrats von VW hat sich einstimmig für eine Verlängerung des Vertrags von Vorstandschef Martin Winterkorn ausgesprochen, wie Europas größter Automobilkonzern am Mittwoch mitteilte. Das Präsidium bereitet wichtige Entscheidungen des Aufsichtsrats vor und ist sehr einflussreich, auch wenn es Beschlüsse des Kontrollgremiums nicht ersetzen kann. Derzeit sitzen in dem Gremium Berthold Huber von der IG Metall, Betriebsratschef Bernd Osterloh, Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) als Vertreter des VW-Ankeraktionärs Niedersachsen, Wolfgang Porsche als Vertreter des PS-Clans, der die Mehrheit der Stimmrechte von VW hält, sowie der Osterloh-Vize Stephan Wolf. Nach der Festlegung des Präsidiums auf eine Verlängerung gilt die Zustimmung des Aufsichtsrats als Formsache.

 

Winterkorns aktueller Vertrag läuft bis Ende 2016. Üblicherweise befasst sich das Kontrollgremium ein Jahr vor Ablauf mit einer Verlängerung. Nun soll Winterkorn das neue Angebot einer Verlängerung bis Ende 2018 jedoch schon vorzeitig in der Aufsichtsratssitzung am 25. September unterbreitet werden. „Wir werden mit Professor Martin Winterkorn an der Spitze den Erfolgsweg der vergangenen Jahre weitergehen“, erklärte Aufsichtsratschef Berthold Huber. Auch Betriebsratschef Osterloh, der sich in der Vergangenheit immer für eine Verlängerung stark gemacht hatte, zeigte sich erfreut, dass Winterkorn nun nach einstimmiger Meinung der wichtigsten Aufsichtsräte weitermachen soll.

Entscheidung für neuen Aufsichtsratschef ist pikant

Niedersachsens Ministerpräsident Weil sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass Winterkorn „der richtige Mann an der Spitze von Volkswagen, gerade auch im Hinblick auf die Herausforderungen der kommenden Jahre“ sei. Weil sagte zugleich, dass er nun auch bald mit einer Neubesetzung der Spitze des Aufsichtsrats rechne. Der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber wollte den Vorsitz nämlich ursprünglich nur übergangsweise übernehmen, nachdem Ferdinand Piëch im Frühjahr den Machtkampf mit Winterkorn verloren und den Vorsitz des Aufsichtsrats niedergelegt hatte. Auch seine Frau Ursula schied aus dem Aufsichtsrat aus. Piëch wollte Winterkorn aus dem Amt drängen, indem er gegenüber dem „Spiegel“ den giftigen Satz fallen ließ: „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.“ Piëch brachte damit jedoch die Kontrolleure gegen sich auf und scheiterte mit seiner Attacke. Es ist in deutschen Unternehmen mehr als ungewöhnlich, dass nicht ein Vertreter der Kapitalseite, sondern ein Arbeitnehmervertreter das Kontrollgremium führt.

Ministerpräsident Weil rechnet damit, dass noch in diesem Jahr ein neuer Aufsichtsratschef gekürt wird. Die Entscheidung ist pikant, weil bisher eher damit gerechnet wurde, dass Winterkorn seinen laufenden Vertrag bis Ende 2016 erfüllt und dann an die Spitze des Aufsichtsrats wechselt. Wenn er diesen Wechsel nun weiterhin, aber erst zwei Jahre später anstrebt, müsste ein Interims-Aufsichtsratschef gefunden werden, der ihm dann selbstlos Ende 2018 Platz macht. Es ist nur schwer vorstellbar, dass etwa Wolfgang Porsche, der auch schon als Aufsichtsratschef in der Diskussion war, solch einen Spitzenjob auf Zeit übernehmen würde.

Insider kritisieren den Putschversuch von Piëch

Winterkorn selbst hat sich zum Thema Vertragsverlängerung bisher sibyllinisch geäußert. Vor einem Jahr sagte der VW-Chef in einem „Spiegel“-Interview zur Frage der Perspektiven nach 2016: „Wie es danach weitergeht, wird sich zeigen. Ich wäre dann 69, eigentlich alt genug, um aufzuhören.“ In diesem Februar antwortete er dem „Stern“ auf die Frage, ob er sein eigener Nachfolger werde: „Man weiß nie. Mein Vertrag endet 2016, und es hängt immer davon ab, wie die Situation ist. Ich hätte mir vor vier Jahren auch nicht vorstellen können, dass ich bis 69 arbeite.“

Insider kritisierten zwar den Putschversuch von Piëch; sie räumten aber ein, dass er zurecht auf Schwachstellen aufmerksam gemacht habe. So ist es etwa der Kernmarke VW nicht gelungen, den US-Markt zu erobern. In China weisen Kritiker darauf hin, dass der Konzern den Trend zu Geländewagen verschlafen habe. Etliche der Schwächen werden darauf zurückgeführt, dass zu viel zentral in Wolfsburg entschieden werde und zu wenig vor Ort in den Märkten. Winterkorn bereitet nun einen Umbau des Konzerns vor, mit dem mehr Entscheidungen, etwa über Modelle und Ausstattungen, in die Regionen verlagert werden sollen. Nach StZ-Informationen wird sich der Aufsichtsrat des Autokonzerns am 25. September auch mit diesem Thema befassen.