Schwaben in Berlin: das ist ein Thema für sich. Als gebürtige Schwäbin lebt die Schauspielerin Bärbel Stolz seit Jahren in der Hauptstadt – und nimmt die Klischees humorvoll in ihren Videos auf die Schippe.

Stuttgart/Berlin - Bärbel Stolz ist in Esslingen geboren und auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen. Die 37-jährige Schauspielerin lebt seit fast 20 Jahren in Berlin, wo sie an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ ihr Handwerk gelernt hat. Bekannt ist sie durch Fernsehrollen bei „Soko Stuttgart“ und auch im Kino war sie schon zu sehen, zuletzt in „Fuck ju Göthe“. Seit Januar 2014 hat sie auf Youtube und Facebook einen eigenen Kanal als die „Prenzlschwäbin“. Ihr jüngstes Video wurde innerhalb von zwei Tagen fast 800.000 Mal angeschaut. Ein Gespräch über Schwaben in Berlin, Klischees und Lokalpatriotismus.

 

Sie nehmen mit Ihren Videos seit mehr als einem Jahr selbstironisch Schwaben in Berlin auf die Schippe. „Shit Prenzlschwaben say“ ist der bisher erfolgreichste Clip. Wie erklären Sie sich die große Resonanz darauf?
Es ist ein ironischer Kommentar über die gängigen Vorurteile über Schwaben in Berlin. Aber es geht eigentlich um mehr: die Veränderung von Berlin, die Gentrifizierung, die wachsenden sozialen Unterschiede überall. Deswegen wurde das Video viral: Leute aus Hamburg, Köln und selbst Wien amüsieren sich darüber. Lustig finde ich auch die Kommentare zum Video. Die Schwaben können über sich lachen. Nur manche Berliner sind beleidigt – obwohl gar keine Berliner im Video vorkommen.
Wie kamen Sie auf die Idee zu den Videos?
Ich wollte einen kurzen Clip machen, um mich als schwäbisch sprechende Schauspielerin zu zeigen – daraus wurde der erste „Integrationskurs“ für Schwaben. Das machte solchen Spass ,und das Video kam so gut an, dass ich weiter machen wollte. Mein Mann fand dazu den passenden Namen - die „Prenzlschwäbin“.
Warum polarisieren Schwaben denn überhaupt so?
Ich glaube, Schwaben stehen für die Wessis allgemein, die Berlin geflutet haben und für einen gewissen materiellen Erfolg. Und Schwaben sind besonders gut an ihrem Dialekt erkennbar. Sie sind schon sehr präsent in Berlin und in Prenzlauer Berg und haben sicher auch ihren Teil zur Gentrifizierung beigetragen. Mir tut es ja auch leid, wenn alteingesessene Berliner aus ihren Vierteln vertrieben werden, aber man kann das nicht dem einzelnen schwäbischen Webdesigner vorwerfen, der mit seiner Familie am Kollwitzplatz wohnen möchte. Für gemischte Strukturen im Kiez zu sorgen ist eine Aufgabe der Politik.
Haben Sie als gebürtige Schwäbin in Berlin schon schlechte Erfahrungen gemacht?
Ich lebe seit 1996 in Berlin, als Prenzlauer Berg noch „rough“ war. Ich bin also sozusagen eine Ur-Prenzlschwäbin. Es gibt ja den Begriff „Schwabenhass“ und Parolen wie „Kauft nicht bei Schwab’n“. Dennoch habe ich persönlich bisher keine Feindseligkeiten gespürt. Aber ich habe ja auch hart dafür trainiert, astreines Hochdeutsch zu sprechen. Breites Schwäbisch rede ich in Berlin nur manchmal, wenn mich jemand blöd anquatscht. Dann ist das Gespräch meist schnell beendet.
Wie würden Sie Schwaben und Berliner charakterisieren?
Man sagt ja eigentlich, dass Schwaben konservativ und engstirnig sind, dabei ziehen viele von ihnen weg aus Baden-Württemberg und landen zum Beispiel in Berlin. Deshalb erlebe ich Schwaben hier auch eher als weltoffen. Als ich nach Berlin kam, empfand ich hingegen viele Berliner eher als engstirnig. Aber mittlerweile hat sich das ganz gut vermischt.
Ihre Eltern leben auf der Schwäbischen Alb und im Herbst 2014 waren Sie für zwei Wochen für Dreharbeiten zur ZDF-Serie „Dr. Klein“ in Stuttgart. Wie fühlt es sich an, aus der Hauptstadt ins Schwabenland zurückzukehren?
Ich genieße das total. Klar, nach dem Abitur wollte ich erst mal unbedingt weg, aber so eine Art Lokalpatriotismus entwickelt sich ja oft erst in der Ferne. Ich mag den Dialekt, das Essen, die Landschaft.
Mal von weiteren Prenzlschwäbin-Videos abgesehen: an welchen Projekten arbeiten Sie gerade?
Ich habe gerade einen Frauenroman fertig geschrieben, „Dating Down“ und ich arbeite schon an einem weiteren Roman – über eine Schwäbin in Berlin. Außerdem habe ich mit meinem Mann Sebastian, der auch die Prenzlschwäbin-Videos produziert, den Kinofilm „Marcel über den Dächern“ gedreht. So einen Film ganz alleine zu wuppen war eine anstrengende, aber tolle Erfahrung und ich bin stolz auf das Ergebnis. Die Premiere ist übrigens am 11. April beim Filmfestival Achtung Berlin.